8 Qualitätskriterien und Qualitätsindikatoren

Versorgungsaspekte

Als Versorgungsaspekte können Strukturen, Prozesse und Ergebnisse der medizinischen Versorgung bezeichnet werden, die für die Qualität der medizinischen Behandlung eine besonders hohe Relevanz haben und deshalb im Rahmen des Qualitätsmanagements beurteilt werden sollten.

Für die Auswahl von Versorgungsaspekten, die in das medizinische Qualitätsmanagement einbezogen werden sollten, gibt es eine Reihe von Vorschlägen.

Demnach sollten gerade solche Versorgungsaspekte einer Bewertung zugeführt werden, die auf der Grundlage von Belegen

  • mit hoher Frequenz durchgeführt werden, ein hohes Risiko für die Patienten beinhalten oder oft mit Problemen einhergehen;
  • möglicherweise mit "Über-, Unter- oder Fehlversorgung" verbunden sind;
  • einer hohen Versorgungsvariabilität unterliegen, deren Versorgung sich kürzlich stark verändert hat, deren finanzielle Bedeutung hoch ist oder bei denen praktische Erwägungen positiv beschieden werden, wie die grundsätzliche Messbarkeit und Veränderbarkeit sowie eine Akzeptanz durch die Gruppe Betroffener;
  • die Möglichkeit bieten, die Versorgung und das Gesundheitsergebnis tatsächlich zu verbessern, bei denen ein großes Verbraucherinteresse besteht oder mit denen die Entscheidungsfindung (für oder gegen einen bestimmten Leistungsanbieter) eventuell verbessert werden kann;
  • als Indikatoren für umfassende Versorgungsprobleme gelten.

Beispiel für einen Versorgungsaspekt:

  • "Diagnostik bei Patienten mit Verdacht auf einen Schlaganfall"

Qualitätskriterien

Qualitätskriterien für die Bewertung der Qualität der Leistungserbringung bei einzelnen Versorgungsaspekten sind solche Eigenschaften, deren Erfüllung typischerweise bei einer qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung erwartet wird.

Eine Liste solcher Kriterien wurde bereits 1988 von der Joint Commission on Accreditation of Healthcare Organizations (JCAHO) veröffentlicht. Diese Kriterien sind bis heute aktuell und international gebräuchlich.

Im Folgenden sind die JCAHO Kriterien aufgeführt [5]:

  • Zugänglichkeit der Versorgung
  • Angemessenheit der Versorgung
  • Stetigkeit/Koordination der Versorgung
  • Wirksamkeit unter Idealbedingungen (Efficacy of care)
  • Wirksamkeit in der Versorgungspraxis (Effectiveness of care)
  • Wirtschaftlichkeit der Versorgung (Efficiency of care)
  • Patientenorientierung der Versorgung
  • Sicherheit der Versorgungsumgebung
  • Rechtzeitigkeit der Versorgung

Im WHO "World Health Report 2000" wird auf solche Kriterien Bezug genommen und davor gewarnt, diese eher instrumentellen Qualitätskriterien zur Gesamtbeurteilung von Gesundheitssystemen einzusetzen. Die WHO nennt für eine solche Gesamtbewertung drei Kernziele guter Gesundheitsversorgung: Gesundheit, faire Finanzierung und Patientenorientierung [8].

Qualitätskriterien für einzelne Versorgungsaspekte können beispielsweise im Rahmen des einrichtungsinternen Qualitätsmanagements für die Definition von spezifischen Qualitätszielen genutzt werden. Ein Qualitätskriterium, das als besonders relevant für einen speziellen Versorgungsaspekt gilt und deshalb prioritär einer Bewertung im Rahmen des Qualitätsmanagements unterzogen werden sollte, wird manchmal auch als "Tracer" bezeichnet. Der Begriff "Tracer" wird jedoch auch synonym im Zusammenhang mit Qualitätsindikatoren (s. u.) und Versorgungsaspekten (s. o.) gebraucht, so dass er besser nicht verwendet werden sollte.

Beispiele für Qualitätskriterien:

  • Rechtzeitigkeit der Diagnostik bei Patienten mit einem Verdacht auf einen Schlaganfall
  • Information des Patienten über seinen Gesundheitszustand, die vorgesehene Behandlung, seine Rechte und Pflichten
  • Führung der Patientenakte, Vollständigkeit, Verfügbarkeit
  • Aus-, Weiter-, Fortbildung des Praxisteams
  • Führung von Diagnosen-/Behandlungsstatistiken
  • angemessene Anwendung von diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen
  • Wartezeiten bei Aufnahme/vor Arztkontakt/Behandlung/in Klinik und Praxis

Qualitätsindikatoren/Referenzbereiche

Qualitätsindikatoren sind Maße, deren Ausprägung eine Unterscheidung zwischen guter und schlechter Qualität von Strukturen, Prozessen und/oder Ergebnissen der Versorgung ermöglichen sollen. Qualitätsindikatoren sind Hilfsgrößen, die die Qualität einer Einheit durch Zahlen bzw. Zahlenverhältnisse indirekt abbilden. Man könnte sie auch als auf Qualität bezogene Kennzahlen bezeichnen.

Die Qualität der Versorgung ist ein komplexes Phänomen, das in der Regel nur durch mehrere Indikatoren abgebildet werden kann. Anhand einzelner Qualitätsindikatoren kann daher nicht auf die Gesamtqualität der Patientenbetreuung, eines Leistungserbringers oder einer Einrichtung geschlossen werden. Stattdessen beleuchten einzelne Indikatoren immer nur Teilaspekte der Qualität. Es ist daher sinnvoll, Zusammenstellungen mehrerer Indikatoren zur Beurteilung eines Versorgungsaspektes bzw. Qualitätskriteriums in Form von Indikatorenprofilen vorzunehmen.

Indikatoren sind unter anderem dazu geeignet, die Qualität von Führungs-, Kontroll- und Managementtätigkeiten sowie von klinischen und unterstützenden Tätigkeiten zu überwachen und zu bewerten, die patientenseitige Versorgungsergebnisse beeinflussen (Monitoringfunktion von Qualitätsindikatoren). Darüber hinaus dienen Qualitätsindikatoren dazu, den Zielereichungsgrad der medizinischen Versorgung selber anhand der am Patienten ablesbaren Ergebnisqualität zu bewerten (Evaluationsfunktion von Qualitätsindikatoren).

Die Bewertung erfolgt mithilfe vorab definierter Werte für "gute Qualität", den so genannten Referenzbereichen.

Der Referenzbereich ist dasjenige Intervall, innerhalb dessen die Ausprägung eines Qualitätsindikators als "gut oder unauffällig" definiert wird. 
Ein Referenzwert ist ein Referenzbereich, dessen Unter- und Obergrenze zusammenfallen.

Für einen Qualitätsindikator sind – in Abhängigkeit bestimmter Einflussfaktoren – unterschiedliche Referenzbereiche denkbar. Unter den Einflussfaktoren sind vor allem patientenbezogene (z. B. Case-Mix, insbesondere beeinflusst durch die Komorbidität und Krankheitsschwere) und organisationsbezogene (v. a. Strukturmerkmale) zu beachten. Für den Fall, dass diese Einflussfaktoren statistisch eliminiert werden können (Adjustierung), ist ein einzelner Referenzbereich ausreichend. Insbesondere Indikatoren zur Erhebung der Ergebnisqualität reagieren sensibel auf die vorgenannten Einflussfaktoren.

Die Diskriminationsfähigkeit von Qualitätsindikatoren mit ihren zugehörigen Referenzbereichen wird wesentlich durch deren Sensitivität und Spezifität beeinflusst. Bei einem optimal gewählten Referenzbereich werden nahezu alle Qualitätsprobleme erkannt (hohe Sensitivität), ohne dabei zu viel "falschen Alarm" zu produzieren (hohe Spezifität). Dabei sind die positiv und negativ vorhersagbaren Werte von der Frequenz der Qualitätsprobleme abhängig.

Beispiel für einen Qualitätsindikator/Referenzbereich:

  • Anteil der Patienten mit einem Verdacht auf einen Schlaganfall (in einer Klinik, in einer Region), deren Diagnostik innerhalb eines kritischen Zeitfensters (3 Stunden nach ersten Anzeichen eines Schlaganfalls) erfolgte, unter allen Verdachtspatienten der Klinik/der Region (Referenzbereich: > 80 %).
Die Realisierung von Programmen zur Entwicklung und Anwendung von Qualitätsindikatoren wird – ebenso wie die von Leitlinien – maßgeblich von deren Qualität, Praktikabilität und Finanzierbarkeit beeinflusst.

Aus diesem Grund sind auch für Qualitätsindikatoren "Qualitätskriterien" beschrieben worden, die in Teilen den Qualitätskriterien für Leitlinien entsprechen [1; 2].

 

8.1 Kriterien in der vertragsärztlichen Versorgung

Qualitätssicherung und somit die Formulierung von Qualitätszielen bzw. Qualitätskriterien obliegt in der vertragsärztlichen Versorgung dem Gemeinsamen Bundesausschuss und bezüglich der Gesamtverträge mit Kassenärzten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung [6]. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind verpflichtet, stichprobenartig Überprüfungen der Qualität durchzuführen. Die Mehrheit der Regelungen in der vertragsärztlichen Qualitätssicherung betreffen Maßnahmen der Strukturqualität. Sie sind in der Regel in den einzelnen Qualitätssicherungsbereichen durch die Qualifikation des Arztes nach der Aus-, Weiter- und Fortbildung sowie die erforderlichen Geräte geprägt. Die Richtlinien bestimmen im Detail, welche Qualifikation der Arzt besitzen muss, welche ggf. seine Mitarbeiter oder welche Geräte zulässig sind, um eine bestimmte Leistung abrechnen zu können. Die Nachweise werden i. d. R. durch Vorlage von Bescheinigungen und ggf. durch zusätzliche Kolloquien geführt.

Nach Zulassung zur Leistungserbringung müssen teilnehmende Ärzte in bestimmten Bereichen auch Auflagen zur Aufrechterhaltung der fachlichen Befähigung erfüllen.

In einer großen Anzahl von Qualitätssicherungsbereichen soll durch die Qualitätssicherung auch die Prozessqualität (Qualität des Arbeitsprozesses) und Ergebnisqualität (Qualität des Arbeitsergebnisses, z. B. eines Untersuchungsablaufes) geprüft und erreicht werden.

Häufig enthalten Richtlinien sowohl Aspekte der Struktur- als auch der Prozessqualität, wie beispielsweise:

  • Kinder-Richtlinien
  • Krebsfrüherkennungs-Richtlinien
  • Mutterschafts-Richtlinien
  • Koloskopie-Richtlinien

Die Ergebnisqualität ist durch die Prüfung des Untersuchungs-/Behandlungszieles (Erfolg oder Outcome) charakterisiert. Kann der Erfolg nur schwer objektiv quantifiziert werden, sehen die Richtlinien anstelle einer Befundprüfung die Durchsicht intermediärer Ergebnisse (z. B. Röntgenbilder, EKG-Aufschriebe) vor. Das prinzipielle Vorgehen soll an zwei Beispielen erläutert werden:

1. Ringversuche Labor
Jeder an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt muss für alle der Ringversuchs-/Zertifikatspflicht unterliegenden Laborparameter ein gültiges Zertifikat vorlegen. Die externe Qualitätssicherung ist im Prinzip eine Richtigkeitskontrolle, die mit ähnlichen Kontrollproben durchgeführt wird wie die praxisinterne Richtigkeitskontrolle. Für sie gelten dieselben Bewertungsgrenzen (max. zulässige Messabweichung vom Lageparameter). Der entscheidende Unterschied zur praxisinternen Richtigkeitskontrolle besteht darin, dass die Analyse sozusagen "blind" erfolgt und die Bewertung extern durch den Ringversuchsleiter durchgeführt wird. Die Richtlinien enthalten ebenso bei der internen Qualitätskontrolle Mindestanforderungen. Die Besonderheit dieses Verfahrens liegt darin, dass die KV die Prüfungen nicht selbst vornimmt, sondern sich die Teilnahme/den Erfolg durch Vorlage von Zertifikaten bestätigen lässt.

2. Prüfung der Röntgenbildqualität
Im folgenden Beispiel der "Radiologischen Diagnostik" sind die vom Gemeinsamen Bundesausschuss in seinen Richtlinien entwickelten Kriterien der Qualitätsbeurteilung zugrunde zu legen. Ergänzend sind die Qualitätssicherungs- Richtlinien der KBV anzuwenden. Bei der KVWL wurden beispielsweise zum 01.01.2004 Durchführungsbestimmungen zu den Bundesrichtlinien erlassen, aus denen sich folgender Ablauf ergibt: Die Geschäftsstelle Qualitätssicherung (GQS) bedient sich zur Durchführung der Qualitätsprüfung der Ärztlichen Stelle Westfalen-Lippe (ÄSWL). Die ÄSWL sowie auch die KVWL wählen nach dem Zufallsprinzip die Ärzte aus, deren Unterlagen geprüft werden sollen. Dabei ist für die allgemeine Radiologie sicherzustellen, dass die in der Weiterbildungsordnung genannten Gebiete proportional zu ihrem Anteil an den gesamten Genehmigungen der diagnostischen Radiologie vertreten sind. Die ÄSWL sowie auch die KVWL fordern von dem zur Qualitätsprüfung ausgewählten Arzt Prüfunterlagen (z. B. Röntgenfilme mit Befundberichten und rechtfertigender Indikation) von i. d. R. 10 Patienten an.

Die technische Qualität der Bilder sowie die rechtfertigende Indikation plus Befundung werden von Experten der ÄSWL bzw. die Mammographien von den Experten der Qualitätssicherungskommission Radiologie beurteilt.

In den niederen Qualitätsstufen III und IV (geringe Mängel und schwere Mängel) reichen die Rechtsfolgen vom Ablegen eines Kolloquiums bis zum Widerruf der Genehmigung und dem Nichtvergüten der Leistungen mit unzureichender Qualität.

Vergleichbar zu diesem Ablauf wird auch die Ergebnisqualität beim Langzeit-EKG, bei der Kernspintomographie, der Schmerztherapie oder der Photodynamik geprüft. Bei den beiden letztgenannten Bereichen müssen die abrechnenden Ärzte ihre Dokumentationen vorlegen, die dann ebenfalls auf Qualität hin beurteilt werden [6].

Nutzung von Qualitätsindikatoren in Versorgungsverträgen

Als ein erfolgreiches Beispiel für die Umsetzung leitliniengestützter Qualitätsindikatoren können die früheren Diabetes-Verträge zwischen Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen genannt werden. Sie stellten eine systematische Umsetzung von Leitlinien zur Diabetes-Versorgung mit operationalisierten Qualitätsindikatoren zur Messung von Prozess- und Ergebnis-Qualität der Diabetes-Behandlung dar [7]. Die Diabetes-Verträge wurden 2002 in das Disease Management Programm Typ 2 Diabetes (siehe 8.2) überführt.

8.2 Kriterien bei Disease Management Programmen (DMP)

Um den besonderen Anforderungen an die Versorgung chronisch Kranker in der medizinischen Versorgung Rechnung zu tragen hat sich, ausgehend von den Vereinigten Staaten, das so genannte Disease Management als ein Ansatz etabliert, der neben der erforderlichen Akutversorgung von Bürgern auch spezifizierte Versorgungsangebote für chronisch Erkrankte vorsieht [3].

Als Grundlage für eine Strategie zur Verbesserung der Versorgung chronisch Kranker können folgende Teilziele formuliert werden [4]:

  • Überwindung von sektoralen Versorgungsgrenzen (Schnittstellenmanagement);
  • die Bereitstellung einer einheitlichen Wissensbasis für Diagnostik und Therapie auf der Grundlage evidenzbasierter Leitlinien;
  • die Aktivierung von Patienten durch Schulung, Information und Teilhabe am Programm (Patient als Manager seiner eigenen Erkrankung);
  • die strukturierte Rückmeldung der Behandlungsqualität (Prozess- und Outcome-Evaluation) einer Einrichtung im Vergleich zu den Ergebnissen aller teilnehmenden Ärzte sowie
  • die Förderung der Kooperation aller an der Patientenbehandlung beteiligten Leistungserbringer.

In Disease Management Programmen ("strukturierte Behandlungsprogramme") werden in der Regel diese Kriterien aufgegriffen und mit konkreten Maßnahmen der Versorgungsverbesserung belegt. Über die Erhebung von Indikatoren und Kennzahlen kann dann, idealer weise auf jeder Versorgungsebene, eingeschätzt werden, in wie weit die angestrebten Ziele realisiert wurden und Verbesserungsmaßnahmen eingeleitet werden.

In Deutschland wurde dieser Ansatz durch das Bundesgesundheitsministerium im Rahmen der Gesetzgebung aus dem Jahre 2002 aufgegriffen. Auf der Grundlage von Empfehlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses erlässt das Bundesministerium für Gesundheit eine Rechtsverordnung, welche die Anforderungen an DMP im Rahmen der GKV im Detail regelt.

Damit solche Programme tatsächlich auch von Krankenkassen angeboten werden, wurde eine Kopplung des Angebots an den Risikostrukturausgleich der Krankenkassen vorgenommen. Für in DMP eingeschriebene Patienten erhält die Krankenkasse demnach einen Ausgleichsbeitrag von solchen Kassen, die nicht in gleicher Häufigkeit chronisch erkrankte Patienten in ihrer Mitgliedergemeinschaft haben.

Für die Entwicklung von DMP im G-BA wurden, nicht zuletzt auch den Besonderheiten der deutschen Rahmenbedingungen Rechnung tragend, u. a. folgende Kriterien angelegt, die auch in der entsprechenden Verordnung des Gesundheitsministeriums zum DMP zu finden sind [4]:

  • Anwendung anerkannter Therapie- und Diagnosestandards durch die teilnehmenden Leistungserbringer
  • Qualitätsgesicherte und wirtschaftliche Arzneimitteltherapie
  • Hinreichend begründete Diagnosestellung zur Einschreibung von Patienten in ein DMP der Krankenkasse
  • Einhaltung von Kooperationsregeln der Leistungserbringer
  • Angemessene Qualität der Dokumentation
  • Aktive Mitwirkung der Patienten im Programm

Mit der Umsetzung der DMP war der Bundesausschuss zunächst mit der Erarbeitung von konkreten Vorschlägen, ausgehend von den oben genannten Kriterien, befasst. Die Entwicklung von Qualitätsindikatoren gehörte zunächst nicht dazu und wurde ausschließlich den Krankenkassen überlassen ("From payer to player"), so wie die gesamte Programmsteuerung und -qualitätssicherung als Kassenaufgabe angesehen wurde.

Zwischenzeitlich entwickelt der G-BA im Rahmen seiner Tätigkeit zur Erstellung von DMP auch Qualitätsindikatoren, die als Grundlage sowohl für das Feedback über die erreichte einrichtungsbezogene Qualität an die teilnehmenden Ärzte als auch für den zu erstellenden Qualitätsbericht der Gemeinsamen Einrichtungen dienen. Seit 2005 werden Qualitätsindikatoren als Bestandteil der BMG-Verordnung auf Empfehlung des G-BA veröffentlicht.

Indikatoren für die Erstellung von Rückmeldeberichten auf Praxisebene sind derzeit beispielsweise für das DMP Diabetes mellitus Typ II, immer bezogen auf eingeschriebene Patienten:

Tab. 8.1: Verknüpfung von Qualitäts-Kriterien, -Zielen- und -Indikatoren bei Disease Management Programmen – Beispiel DMP Typ 2 Diabetes (Auswahl)

Kriterium Ziel Indikator
Kooperation zwischen den Sektoren Hoher Anteil an Patienten mit jährlicher Untersuchung des Augenhintergrunds Anteil der Patienten mit Untersuchung des Augenhintergrunds an allen eingeschriebenen Patienten
Anwendung anerkannter Therapie- und Diagnosestandards durch die Leistungserbringer Evidenzbasierte Behandlung Anteil normotoner Patienten an allen Patienten mit bekannter Hypertonie
Aktive Teilnahme des Versicherten Inanspruchnahme von Schulungen Anteil der Patienten mit Schulung an allen Patienten

Nachdem absehbar wird, dass auch unter den Bedingungen des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs strukturierte Behandlungsprogramme weiterhin Bestandteil der gesetzlichen Krankenversorgung sein werden, wird es eine der Aufgaben des G-BA sein, auf der Basis der bisher vorliegenden Evaluationen und Erfahrungen die Programme zu optimieren und den damit verbundenen bürokratischen Aufwand effizient zu gestalten.

Literatur

  1. Geraedts M, Jäckel W, Thomeczek C, Altenhofen L et al., Qualitätsindikatoren in Deutschland. Positionspapier des Expertenkreises Qualitätsindikatoren beim Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ), Berlin. Z Arztl Fortbild Qualitatssich. (2005), 99, 329–331
  2. Geraedts M, Selbmann HK, Ollenschläger G, Beurteilung der methodischen Qualität klinischer Messgrößen. Z Arztl Fortbild Qualitatssich. (2002), 96, 91–96
  3. Gibis B (2005) Qualitätssicherung und -management von Disease Management Programmen. In: Tophoven C, Sell S, Disease Management Programme, Dt. Ärzte- Verl., Köln
  4. Hilfer S, Müller de Cornejo G (2007) Qualitätsindikatoren bei Disease Management Programmen. In: Szecsenyi J, Stock J, Stichwort: Qualitätsindikatoren, KomPart- Verl.-Ges., Bonn
  5. Joint Commission on Accreditation of Healthcare Organizations (JCAHO) (1998) Guide to Quality Assurance. JCAHO, Chicago
  6. Kriedel T (2004) Qualität in der vertragsärztlichen Versorgung. KBV, Berlin
  7. Weber C, Mast O, Thate-Waschke IM, Evaluation des Nutzens einer individualisierten Evidenzbasierten Leitlinie zur Behandlung von ambulanten Patienten mit Diabetes Mellitus Typ 2 – Focus Diabeticus. Diabet Stoffw. (2002), 140–141
  8. World Health Organization (WHO) (2000) The world health report 2000. Health systems: Improving performance. WHO, Geneva
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zuletzt verändert: 09.06.2023 | 13:22 Uhr